EuGH: „Alkoholfreier Gin“ ist kein Gin – was das neue Urteil für Hersteller und Händler bedeutet

Mit seinem Urteil vom 13. November 2025 in der Rechtssache C-563/24 hat der Europäische Gerichtshof ein deutliches Signal an die Lebensmittel- und Getränkeindustrie gesendet: Ein Getränk ohne Alkohol darf nicht unter der Bezeichnung „Gin“ verkauft werden – auch dann nicht, wenn es klar als „alkoholfrei“ oder „non-alcoholic“ gekennzeichnet ist. Ausgangspunkt des Verfahrens war ein Streit in Deutschland, in dem eine Verbraucherschutzvereinigung gegen die Vermarktung eines Produkts mit der Bezeichnung „Virgin Gin alkoholfrei“ vorging. Das Landgericht Potsdam legte dem EuGH daraufhin Fragen zur Auslegung der Verordnung (EU) 2019/787 vor, die die gesetzlichen Anforderungen an Spirituosen genau definiert.

Der EuGH entschied, dass die Verordnung ein striktes, nahezu absolutes Verwendungsverbot geschützter Bezeichnungen für Produkte vorsieht, die nicht den entsprechenden Kriterien entsprechen. „Gin“ ist als Spirituose definiert und setzt unter anderem eine bestimmte Mindestalkoholstärke voraus. Ein alkoholfreies Getränk erfüllt diese Vorgaben nicht und darf daher nicht unter dieser Bezeichnung vermarktet werden – auch nicht mit relativierenden Zusätzen wie „alkoholfrei“. Entscheidend ist für den EuGH der Verbraucherschutz: Der Gesetzgeber will verhindern, dass Konsumentinnen und Konsumenten durch vertraute Produktbegriffe in die Irre geführt werden. Gleichzeitig stärkt das Urteil den Schutz traditioneller Spirituosenbezeichnungen, deren wirtschaftlicher und kultureller Wert nicht durch Imitate oder alternative Produkte verwässert werden soll.

Besonders interessant ist die grundrechtliche Dimension der Entscheidung. Die Hersteller hatten argumentiert, das Verbot verletze ihre durch Art. 16 der EU-Grundrechtecharta geschützte unternehmerische Freiheit. Der EuGH stellt jedoch klar, dass dieser Freiheit klare Grenzen gesetzt sind, wenn es um legitime Gemeinwohlziele wie den Verbraucherschutz, die Gewährleistung transparenter Marktbedingungen oder die Sicherung traditioneller Produktkategorien geht. Das Verbot sei geeignet, erforderlich und verhältnismäßig – und damit unionsrechtskonform.

Das Urteil reicht weit über alkoholfreie Spirituosen hinaus. Es bestätigt die strikte Linie der EU beim Schutz klassischer Bezeichnungen: Was nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, darf den Begriff nicht tragen. Hersteller, Importeure und Händler müssen daher bei allen Produkten – von Spirituosen über Käse und Fleischersatz bis hin zu Nahrungsergänzungsmitteln – sorgfältig prüfen, ob ihre Kennzeichnung den europäischen Vorgaben entspricht. Andernfalls drohen Abmahnungen, behördliche Maßnahmen und wettbewerbsrechtliche Klagen.

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