Aktuell beschäftigt sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob Geschäftsführer persönlich für Kartellbußgelder haften können — bislang sind solche Sanktionen gegen das Unternehmen selbst gerichtet. Vor rund sechs Monaten wurde in einem konkreten Fall ein Verfahren eingeleitet: Das Verfahren betrifft einen früheren Geschäftsführer, gegen den ein Bußgeld von 126 000 € angeordnet wurde. Parallel dazu wurden gegen das Unternehmen selbst Bußgelder in Millionenhöhe verhängt. Sowohl das Landgericht Düsseldorf als auch das Oberlandesgericht haben Klagen auf Regress zurückgewiesen. Die Spannung bleibt hoch: Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat in der mündlichen Verhandlung am vergangenen Dienstag keine Entscheidung getroffen, sondern dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen vorgelegt. Im Zentrum steht, ob das Unionsrecht eine restriktive Auslegung der Organhaftung (§ 43 Abs. 2 GmbHG; § 93 Abs. 2 S. 1 AktG) verlangt – mit der Konsequenz, dass Unternehmenssanktionen, insbesondere Kartellbußgelder, nicht unter die persönliche Haftung von Geschäftsleitungsorganen fallen.
Grundsätzlich gilt: Geschäftsführer haften der Gesellschaft gegenüber für Schäden, die sie durch schuldhafte Pflichtverletzungen verursachen. Im laufenden Verfahren macht die Gesellschaft geltend, dass sowohl die verhängte Kartellbuße als auch die damit verbundenen Kosten einen Vermögensschaden darstellen, der durch die Beteiligung des Beklagten am Kartell entstanden sei.
Die Vorinstanzen in Deutschland sahen das jedoch anders und wiesen die Klage ab. Ihre Begründung: Geldbußen dienen dazu, das Unternehmen selbst zu bestrafen und künftige Verstöße zu verhindern. Könnte ein Unternehmen die Strafe von seinem Geschäftsführer zurückfordern, würde es die Sanktion faktisch nicht selbst tragen – der eigentliche Zweck der Buße liefe ins Leere.
Bemerkenswert ist, dass die deutschen Gerichte der Klage auf Feststellung einer möglichen persönlichen Haftung des Beklagten für zukünftige kartellbedingte Schäden – also nicht für die eigentliche Kartellgeldbuße, sondern für weitere Folgeschäden – stattgegeben haben. Darunter dürften etwa Anwaltskosten oder Schadenersatzforderungen fallen. Die Kartellrechtsverletzungen fanden im konkreten Fall über mehrere Jahre statt, demnach wäre mit erheblichen Ansprüchen gegenüber dem Geschäftsführer zu rechnen.
Der EuGH befasst sich aber nur mit der Frage, ob die kartellrechtlichen Sanktionsziele einem Regress gegen Organmitglieder entgegenstehen. Unabhängig vom Ausgang wird der BGH entscheiden, ob der Geschäftsführer für weitere aus dem Kartell resultierende Schäden haftbar gemacht werden kann
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